Leipzig - Bisher existierte sie nur noch in der Erinnerung oder auf wenigen Fotos. Doch jetzt gibt eine sensationelle Entdeckung den Leipzigern ihre geliebte Paulinerkirche erstmals in bewegten Bildern zurück. Fast 50 Jahre lang lagerte der Film vergessen im Deutschen Rundfunkarchiv.
Rückblick: Der 15. Dezember 1963, ein kalter Winterabend. Die Thomaner stehen im Altarraum, auf der Empore der kleine Hansi Beyer. Er ist aufgeregt, hat gleich einen Solo-Auftritt als Verkündigungsengel. Das Gewandhausorchester stimmt derweil die Instrumente für das „Weihnachtsoratorium", die Kamera schwenkt auf Thomaskantor Erhard Mauersberger, dann ins voll besetzte Kirchenschiff. Gleich wird das DDR-Fernsehen live aus Leipzig senden!
Nur ein Jahr danach verschwindet die Aufnahme im Archiv, weitere vier Jahre später lässt die SED die Kirche sprengen. Die Trümmer werden beiseite geschafft, viele Kunstschätze zerstört - das einzigartige Zeitdokument gerät in Vergessenheit.
Erst 2012 geht die Geschichte weiter, die sich jetzt liest wie ein vorgezogenes Weihnachtsmärchen: In einem Artikel in der Thüringer Landeszeitung erinnert sich ein ehemaliger Thomaner an die Zeit beim Knabenchor und erwähnt am Rande die TV-Übertragung aus der Paulinerkirche.
Nun recherchierte der Paulinerverein und wurde tatsächlich beim Deutschen
Rundfunkarchiv fündig: „Die Bilder sind bewegend, der Film dauert über zwei Stunden, zeigt nicht nur die Zuhörer, sondern auch den Innenraum, die Orgel, den Altar und die herrliche Kreuzrippendecke", sagt ein Vereinsmitglied.
Aus Hansi Beyer, dem kleinen Jungen, der damals auf der Empore den Engel sang, ist inzwischen der Schlagersänger Hans-Jürgen Beyer geworden. Als BILD ihn gestern über den Sensationsfund informierte, kamen die Erinnerungen wieder: „Ich war elf, vielleicht zwölf Jahre alt und furchtbar aufgeregt. Peter Schreier war ein Star und ich sollte praktisch neben ihm singen, das war schon was Besonderes. Die Stimmung in der Kirche war sehr getragen. Dass das Fernsehen da war, sorgte natürlich für einen zusätzlichen Reiz", erzählt der Schlagerstar. „Ich habe die Aufnahme jahrzehntelang gesucht, freue mich so sehr, dass sie nun wieder da ist."
von Jäckie Richard
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